Ist Japan ein teures Reiseland? Extrem teuer gar?
Eine Antwortmöglichkeit wäre: „irgendwie schon, aber eigentlich nicht“. Ein Fehler, der häufig gemacht wird, ist der Vergleich mit anderen Ländern Asiens, ein weiterer, die Andersartigkeit der Relationen der Preise der verschiedenen Produkte und Dienstleistungen nicht zu berücksichtigen.
Japan als Industrienation fast ohne Arbeitslosigkeit (na gut: ca. 4,5%), mit einem enormen Output an mikroelektronischen Erzeugnissen und der bislang (China kommt!) einzigen ernstzunehmenden Autoindustrie Asiens ist natürlich weder mit einem Schwellenland noch mit einer Agrargesellschaft zu vergleichen, sondern eher mit westeuropäischen Ländern (und wenn es um Vergleiche ginge, wären es eher diese, die das Scheuen erwägen würden).
Für den Vergleich absoluter Preise gibt es einige gängige Metriken, die natürlich subjektiven, wirtschaftsstrategischen, ideologischen und kulturellen Einflüssen unterliegen. Vergleicht man die Preise für Nahrungsmittel, Arbeit, Wohnraum, nimmt man die Lebenshaltungskosten, relative oder absolute Werte, oder die touristische Erfahrung? Wir Reisende neigen natürlich sowieso zu letzterem und kommen damit zu beschränkt strapazierfähigen Ergebnissen. Aber um diese geht es ja hier in erster Linie.
So können Übernachtungen teuer sein, man kann aber auch in Tokyo in einem Ryokan ein Einzelzimmer für unter 40 Euro bekommen und einen Schlafsarg in einem Kapselhotel für unter 30 (hier macht das „man“ Sinn – nur Männer dürfen hier übernachten). Wer ein „Western Style“-Bett zu brauchen meint und nicht gerne auf einem Futon schläft, wird die Preise innerlich anders staffeln als jene, die traditionelle Unterkünfte bevorzugen. Wer in Kyōto Italienisch essen gehen möchte, muss tiefer in die Tasche greifen als jene mit Lust auf Sushi (das billiger als bei uns und im Schnitt von sehr, sehr viel höherer Qualität ist) oder eine der anderen Küchen Japans. Grünen Tee gibt es in vielen Fällen kostenlos zum Essen.
Fortbewegung ist unbestritten teuer. Bahn, Bus, Flugzeug und Taxi kosten pro km deutlich mehr als bei uns. Viele Gasthäuser verleihen aber Fahrräder gratis, was eine bestimmte Verhaltensänderung nahelegen könnte.
In Japan ist vieles irgendwie „besser“ gemacht als bei uns (man möge mir diese undifferenzierte Bauchbetrachtung nachsehen). Ich sitze gerade im Zug von Hakodate nach Shin Aomori (wir befinden uns genauer gesagt im Tunnel zwischen Hokkaido und Honshu), und als ich gerade die Toilette aufgesucht hatte, war mir dort ein an der Wand angebrachter Behälter mit reinigungsmittelgetränkten Klobrillenputztüchern mit Klobrillenputztücherstandanzeige (diese Wort ist neu) aufgefallen, und das hier ist noch nicht mal ein Shinkansen. Gehört so etwas mit in den Vergleich oder nicht?
Der Japan Rail Pass kostet mit 455 Euro für 14 Tage sein Geld, aber es gibt kaum Aufschläge (man denke an das Interrail-Ticket zurück), man kann damit auch die JR-Linien in Tokyo benutzen, und Reservierungen sind kostenlos.
Gefühltes Substrat obiger Erörterungen: eine Reise durch Japan ist ungefähr so teuer wie eine durch Deutschland, und der Gestaltungsspielraum ist in beiden Fällen immens.