Der Gyukuro der Damen aus Fujigotemba

Die vielen mitgebrachten Tees brauchen sich langsam auf: viele waren großartig, manche hatten entweder ihre besten Tage hinter sich oder ich lag mit der Zubereitung um einen Kontinent daneben oder sie gehörten einfach nicht dazu. Nun steht neben mir eine Tasse, die mich veranlasst, den einfachen, aber äußerst effektiven Kategorien Gut und Schlecht eine weitere hinzuzufügen: Überirdisch.

Es war ein wenig aufwändig, den Gyukuro, der ja gekühlt gelagert wird, nach Berlin zu schaffen: immer wieder hieß es „rein in die Minibar, raus aus der Minibar“. Die reizenden Damen hatten ihn gut verpackt und in mehrfachen Schichten Papier und Plastik und einer Kühltasche verstaut. Seit unserer Rückkehr nach Berlin lagert er in unserem Kühlschrank, und heute habe ich ihn endlich entkorkt. Beim Öffnen der Verpackung lief mir allerdings das Wasser aus der äußeren Plastiktüte entgegen, und die innere Kühltasche war ebenfalls so nass wie Schottland im Hochsommer. Ein physikalisches Wunder, das zu ignorieren mir aber nicht schwer fiel, den ich fürchtete um den edlen Stoff. Wie bei einer Babuschka kämpfte ich mich vor, um am Ende dann erleichtert das feuchte, aber nicht nasse ursprüngliche Produkt in den Händen zu halten (das Wasser habe ich nicht untersucht, wahrscheinlich war es radioaktiv, irgendein Fukushima-Seiteneffekt). Der Tee selbst war vollkommen trocken.

Und hat sofort funktioniert: Wasser auf 55 Grad, einen gehäuften Esslöffel für mein große Tasse (hier breche ich mit der Tradition, aber ich bin auch der Meinung, dass Körpervolumen und Teemenge in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollten) – und genossen. Während ich diese Zeilen tippe, steht neben mir der zweite Aufguss.

Moskau, wieder

Intensität prägte unsere letzten Tage – das einzig Fehlende war ein ordentlicher Internetzugang. Aber erstens ist Japan so modern, dass alle ihre eigene Eingangstür in weltweite Netz mit sich herumtragen, zweitens besteht diese Modernität schon eine Weile, sodass viele Hotels zwar frühzeitig mit Kabelbuchsen (LAN) ausgestattet wurden, aber ohne WLAN – hier legen sich aktuelle Tablets die Karten -, und drittens sind die von uns geliebten (und budgetfreundlichen) traditionellen Ryokans teilweise eben genau dies: traditionell.
Ein paar Destillen, Grünteeverkostungen und allerhand andere Erlebnisse werden also alsbald nachgereicht. In gut zwei Stunden wird dann eine raue Stimme zum Betreten der Maschine nach Berlin aufrufen, mit anderen Worten: Ende der Geschichte. Vorläufig, versteht sich.

Ichiro’s Malt, Chichibu Distillery

Um nach Chichibu zu gelangen, müssen wir das Reich von Japan Railways verlassen. Darüber herrscht zunächst wenig Freude, hat uns doch JR immer komfortable und mit gutem Service zu allen gewünschten Orten gebracht. Gefühlt sogar kostenlos, da der 14-tägige Freifahrtschein (Japan Railpass) bereits zuhause bezahlt wurde. Nun geht es also weiter mit der „Chichibu Line“. Langsam schaukeln wir in einem etwas klapprigen Wagon durch die japanische Provinz und erwischen den richtigen Moment zum Aussteigen. Hier gibt es keine englisch angeschlagenen Ortsnamen mehr. Olaf beherrscht zwar lässig 5-7 Schriftzeichen – „Chichibu“ lässt sich damit aber leider nicht bilden. Dann geht es weiter wie immer: Hotel gesucht – Hotel gefunden.

Japan überrascht uns seit Beginn der Reise, zu den Merkwürdigkeiten gehört auch, dass es keineswegs selbstverständlich ist, einen Internetzugang zu finden. Hier auch nicht. Olaf wird daher Mitglied im örtlichen Freizeitclub und darf nach entsprechenden Formularen und Aufnahmegebühr in einem stickigen Kabuff das Internet benutzen. Ich warte davor und höre immer wieder ein verzweifeltes „f …“ aus der Kabine. Die Tastatur ist etwas launisch und springt gerne aus eigenem Antrieb in die Landessprache. Das bisher Geschriebene wird dann gleich irreversibel und komplett ins Japanische übersetzt. Eigentlich ja ganz praktisch – aber eben nicht immer.

Am nächsten Morgen hilft uns der freundliche Rezeptionist im Hotel weiter. Zunächst mit 2 Flaschen Wasser und kleinen Handtüchern, nachdem – trotz der frühen Stunde – bereits erste Schweißflecken auf meinem T-Shirt sichtbar wurden. Japan im September ist noch ganz schön heiß. Ein Anruf des Hotels in der Destille kündigt unser Kommen an, ein Taxi erledigt den Transport. Hier fahren keine Busse mehr.

Die folgende Stunde gehört dann zweifellos zu den Höhepunkten im Leben eines Whiskyfreaks. Die Destille ist klein und existiert erst seit 2008. Mr. Ichiro Akuto (Gründer und Präsident) empfängt uns persönlich. Er ist der Enkel des Gründers der berühmten Hanyu Destille, die aufgrund von Übernahmen leider 2000 schließen mußte. Genauso wie 2011 Karzuiawa. Zwei echte Dramen in einer Welt voller anderer Dramen. Zum Glück besitzt Mr. Ichiro noch eine ganze Menge Fässer aus der Produktion seines Großvaters, die so nach und nach auf den Markt gerollt werden. Das war wohl das Startkapital für die neue Destille. Diese dürfen wir nun unter Anleitung von Mr. Ichiro besichtigen und steigen über Kabel, Leitungen und Treppen, schauen in dampfende und übelriechende Bottiche. Es ist heiß hier, uns dreien läuft der Schweiß, immer wieder kommen die gerade erst geschenkten Handtücher zum Einsatz. Der lange Weg durch die Lagerhalle bringt Abkühlung und begeistert durch seine „Aura des Authentischen“ – die wir als moderne Westler ja so lieben. Zum Schluss ein kleines Tasting. Mr. Ichiro drückt uns ein Tablett mit 8 Leeren Gläsern in die Hand, deutet auf seine gut bestückte Probiertheke und sagt, wir sollen uns selbst bedienen. Wir entscheiden uns für 4 fantastische Produkte aus dem eigenen Haus und … sind begeistert! Das Probierte ist – wie kann es anders sein – erst 3 bis 4 Jahre alt, und schon so rund und Facettenreich, dass einen der Gedanke an einen 30 oder 40- jährigen Ichiro’s Malt fast um den Verstand bringt.

Wir sind mindestens 3-fach fasziniert; von der kleinen Destille, dem Whisky und dem freundlichen, sympathischen und großzügigen Wesen des Besitzers. Mit einem verzückten Dauergrinsen besteigen wir nach einer guten Stunde das herbeigerufene Taxi und werden auch den Abschied nicht vergessen – Mr. Ichiro bleibt im Hof seiner Anlage stehen, winkt uns mit beidem Armen zum Abschied hinterher und hört einfach nicht auf, bis wir nach einer gefühlten Ewigkeit letztlich außer Sichtweite geraten. Das war herzlich. Thank you Mr. Ichiro.

Yamazaki Distillery

Der Besuch in der 4. Destille wartet. Die Anreise ist denkbar einfach – Vorortzug in Kyōto wählen und nach zwei Stationen wieder aussteigen. Trotz der Nähe zur alten Hauptstadt ist es hier schon recht grün, und der Ort scheint gut gewählt.

Yamazaki ist die erste und älteste Destille in Japan, gegründet 1923. Im Supermarkt des kleinen Bahnhofes gibt es ein Frühstück; nicht nur weil wie hungrig sind, sondern als Grundlage für das morgendliche Tasting. Vom Supermarkt bis zur Destille sind es nur 10 Minuten Fußweg. Wir werden gerade noch Teilnehmer der ersten Besuchergruppe des Tages. Mit etwa 30 überwiegend deutlich älteren Japanern machen wir uns auf den Weg durch die Destille. Wie bereits zuvor zeigt man sich auch hier sehr offen und es bleibt wenig im Verborgenen. Der intensive Geruch nahe den Maischebottichen und die große Hitze neben den Brennblasen lassen den Rundgang nicht nur zu einem optischen, sondern auch zu einem olfaktorischen und haptischen Erlebnis werden. Das gezeigte Fasslager ist riesig und beeindruckt durch seine kühle und modrige Stille. Unsere Gruppe verschwindet zwischen tausenden Fässern. Die Nummer 0001 von 1924 dürfen wir anschauen, aber nicht anfassen.

Bei der obligatorischen mini-umsonst Verkostung von zwei Produkten des Hauses wird die Zugehörigkeit zum Suntory-Konzern deutlich. Alles erinnert ein wenig an Hakushu. Zwei Whiskys, Saft, grüner Tee, Wasser und ein wenig Gebäck (hier noch angereichert durch ein Stück Schokolade) dürfen verzehrt werden. Im Hintergrund bemühen sich Whiskyhostessen mithilfe von Mikrofon und Lautsprecher, die verschiedenen Produkte anzupreisen. Es scheint gut zu funktionieren, hinterher wird im Destillenshop viel gekauft. Wir behalten unser Geld und tragen es zur Bar. Dort bin ich etwas enttäuscht, die Karte der erlesenen Whiskys ist nahezu komplett identisch mit dem Angebot in Hakushu. Da wir dort ziemlich gründlich gearbeitet haben, bleibt hier nicht mehr viel übrig. Nach drei unauffälligen Whiskys legt sich die Bardame ins Zeug und überredet uns zu einem Schluck Yamazaki 18 von 1984… der sei ganz besonders. Für umgerechnet 23 Euro erwerben wir 15cl und sind ganz zufrieden, aber keineswegs euphorisch.

Etwas erleichtert, den Rest des Tages nicht im Ausnüchterungsmodus durchs Land Reisen zu müssen, verlassen wir gegen Mittag diesen freundlichen Ort und ahnen noch nicht, was (und wer) uns in Chichibu erwarten wird…

Herrn Takadas Gespür für Tee

Herr Takada und der grüne Tee

Es sind nicht alle Tage wie dieser. Susanne vom Sake-Kontor hat uns mit Herrn Takada zusammengebracht, der in der Präfektur Uji nahe Kyoto seine Firma Chanoka hat, die Tee produziert und exportiert (unter anderem ins KaDeWe in Berlin, Käfer in München, und ein Kontakt mit Alfons Schubeck besteht auch schon). Während Shizuoka die quantitative No. 1-Region für grünen Tee in Japan ist, ist Uji die qualitative (was einem jeder Einwohner von Uji gerne bestätigt). Hier fing alles an, hier sind die Wallfahrtsorte, die Heiligtümer, hier ist der Nabel von Sencha, Matcha und Gyukuro. Hier gibt es das Kanbayashi Teemuseum, das Taiho-An Uji City Municipal Tea Ceremony House, eine kleine Einkaufsmeile mit einem Teegeschäft neben dem nächsten, alten wie neuen, hier atmen die Straßen Tee. Und außerdem ist die Gegend wunderschön.

Der Expresszug benötigt nur 15 Minuten von Kyōto Station, um eine andere Welt zu erreichen. Vor Uji City Station sind wir mit Herrn Takada verabredet. Kurz nach unserer Ankunft am Bahnhof stelle ich den Verlust meines Portemonnaies fest – wer einen kurzen Ausflug ins Reich der Panik unternehmen möchte, klicke bitte hier.

Teestadt Uji

Herr Takada bringt uns als erstes ins besagte Teemuseum, dessen Besitzer er kennt und den er als Präsidenten und wichtigen Mann für die hiesige Kulturgeschichte des Tees vorstellt. Gegenstände aus allen Jahrhunderten und einige alte Fotos erzählen die Geschichte des Getränks, seit es von China herüber gebracht wurde und zunächst nur von Mönchen konsumiert wurde.

Grüntee-Eis mit Matcha-Streu

Grüntee-Eis mit Matcha-Streu

Tee-Eis

Die nächste Station leitet er mit den Worten ein, dass Grüntee-Eis in aller Regel nicht schmecke – eine Erfahrung, die ich teile, auch wenn sie nicht mit der Menge des im Kyōtoer Großraum angebotenen Grüntee-Eises korreliert. Mit einer Ausnahme: am Ende der Straße mit den Teegeschäften habe eine Bekannte von ihm (da er ungefähr alle Leute in Uji zu kennen scheint, die schon einmal Tee getrunken haben, ist diese Qualifikation relativ) ein kleines Geschäft, das wirklich gutes Eis verkaufe, das nicht fast ausschließlich nach Nichts schmecke. Der Trick: Matcha-Pulver wird über das Eis gestreut. Einfach und unglaublich wirkungsvoll, und das erste gute Grüntee-Eis meines Lebens (ehrlicher Weise muss man sagen, dass das Eis als solches auch hochwertiger schmeckte als seine Cousinen und Cousins in den Geschäften der Konkurrenz).

Wir schlendern die Teestraße herunter. Herr Takada darf anscheinend überall parken (wahrscheinlich hat der örtliche Polizeichef schon einmal Tee getrunken). Etwas anderes als Teeläden gibt es in dieser Gasse nicht (abgesehen natürlich von Getränkeautomaten), einer neben dem nächsten.“Um vom Handel mit grünem Tee zu leben“. erklärt er, „muss man diverse Produkte verkaufen, nicht nur die Blätter selbst. Die machen nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus.“ Und so sind die Läden (wie eigentlich in ganz Japan) voll mit Grünteewaffeln, Grünteereisküchlein mit Bohnenfüllung, Grünteedrinks, Grünteeschokolade, Grünteeglibber, sogar Grünteebaumkuchen (bislang galt Baumkuchen immer als das geniale Geschenk für Japaner – das könnte sich mit der Erfindung des Grünteebaumkuchens umkehren), kurz, was immer sich mit Grüntee kombinieren lässt, wird produziert und verkauft. Ebenso einige Dinge, zu denen grüner Tee eigentlich nicht passt.
Einer der Shops behauptet von sich, über 500 Jahre als zu sein, was Herr Takada auch bestätigt.

Eine kleine Teezeremonie

Unter am Fluss (hier gibt es noch Kormoranfischerei, allerdings nicht mehr kommerziell) bucht uns Herr Takada eine Teezeremonie im Schnelldurchlauf. Sie wird von zwei älteren Damen professionell und mit Humor durchgeführt, und ich darf fotografieren. Die Details kann man überall nachlesen, das Internet ist voll davon.

Teefelder und Energie

Weiter geht es zu einigen Teefeldern, die horizonttechnisch absolut skurril von Hochspannungsleitungen eingerahmt werden. Eigentlich eine wunderschöne Landschaft, in die die Moderne ungebremst Einzug gehalten hat und daran erinnert, dass Landschaftsplanung generell eines der Stiefkinder der Menschheit ist.

Die kleinen Ventilatoren an den Masten dienen dazu, im Winter die Wassertropfen, die sich nach nächtlichem Frost morgens beim Auftauen auf den Teeblättern sammeln und zu Verbrennungen der Teeblätter führen, bei der Verdunstung zu unterstützen.

Das spirituelle Teezentrum

Die nächste Etappe unseres Marathons ist schließlich das Herz der japanischen Teegeschichte (in jedem Fall der der Präfektur Uji). Der Teegott hat hier seinen Schrein, und die großen Getränkeproduzenten Japans haben sich auf den Pfählen des steinernen Zauns verewigt (sie dürfen, weil sie die Anlage finanzieren). Wir halten ein kurzes Shinto-Ritual ab (die Glocke schlagen, um die Götter, die man um etwas bitten möchte, herbeizurrufen, zweimal verbeugen, zweimal klatschen, wieder verbeugen) und machen uns dann auf den Weg ins Büro Herrn Takadas.

Happy Tea Break

Bereits der erste eisgekühlte Sencha, der uns serviert wird, schmeckt köstlich. Das bereitet uns vielleicht ein wenig vor auf die nun folgende Offenbarung.

Herr Takada bereitet seinen Spezialtee (etwas irritierend präsentert als „Happy Tea Break“, siehe Foto) zu. Eine von unten nach oben laufende, schicke, von uns sehr bewunderte, aber „leider“ aus Deutschland stammende Eieruhr misst drei Minuten, in denen seine Mischung in Eiswasser zieht. Verwendet werden 7 g Tee für vier ungefähr fingerhutgroße Portiönchen. „Je kleiner die Tasse, desto besser der Tee“, auch jetzt wieder, was uns ein wenig auf das nun folgende Erlebnis vorbereitet. Da wir nur zu zweit sind, erhalten wir nach den drei Minuten Ziehzeit doppelte Portionen (die aber immer noch fingerhutgroß sind – und es handelt sich um die Finger feingliedriger japanischer Hände).

Behutsam verteilt Herr Takada den fertigen Tee auf zwei Tassen, immer abwechselnd, damit beide identisch schmecken. Die letzten Tropfen werden konzentriert, meditativ beinahe, in die Tassen gebracht und sollen einen Moment der Stille erzeugen. Dann dürfen wir probieren und tun das tröpfchenweise (eine andere Möglichkeit gäbe es angesichts der geringen Menge auch gar nicht). Und erleben einen Augenblick der Transzendenz.

Ein Extrakt unbeschreiblicher, grüner Intensität, man fühlt die Essenz der Pflanze. Überirdisch. Die getrunkene Menge hätte keine Pipette gefüllt. Ganz nebenbei baut sich hier eine Brücke zu der Whiskyerfahrung auf: auch dort steckt in einem Tropfen eine enorme Kraft, während ein großer Schluck lediglich Unverständnis hervorrufen würde. Wir sind also begeistert. Auch der zweite Aufguss – ebenfalls mit Eiswasser – ist noch wundervoll.Der dritte wird mit 60 Grad heißem Wasser gemacht und ergibt einen ebenfalls leckeren, aber in bekannteren Gefilden angesiedelten Sud. Ein bis zwei weitere Aufgüsse mit kochendem Wasser dienen dann nur noch dazu, die Bitterstoffe zu entfernen, weil die Teeblätter am Ende mit einem Tropfen Sojasauce serviert werden. Sie schmecken nicht schlecht und sehen auf schönem Geschirr vor allem toll aus (wie Bonsaispinat).

Diese kleine Zeremonie vollzieht Herr Takada in aller Herren Ländern, wenn er mit seiner mobilen Zeremoniebox unterwegs ist (diese Boxen ersteht er auf Trödelmärkten). Kunden finde er per Mundpropaganda, und das laufe ganz gut. Einige weitere Tees – auch Produkte, deren Vermarktung er plant und zu denen wir unsere Meinung sagen – trinken wir noch, dann ruft Frau Takada zum Essen mit der Familie, das ganz nebenbei das wahrscheinlich leckerste unserer Reise ist. Nachgewürzt wird unter anderem mit Teesalz.

Die Tee-Strategie

„In Japan“, so Herr Takada, „wird von den jungen Menschen immer weniger Tee konsumiert. Er ist nicht cool.“ Die Ausnahme seien die Plastikflaschen aus den Automaten mit eiskaltem Grüntee, ein Ausdruck neuer Kulturlosigkeit (leider haben wir sie immer sehr gerne getrunken: ein ungesüßtes, angenehmes Getränk bei 35 Grad im Schatten). Ich paraphrasiere: „Wenn im Westen mehr grüner Tee getrunken würde, könnte das auf Japan zurückwirken. Das ist meine Idee. USA und Europa sind noch immer Messlatten für Coolness in vielen Bereichen.“

Wie realistisch das ist können wir schwerlich einschätzen. Das Vorhaben erinnert aber an die Ansicht einiger Kulturexperten, dass „der Dharma aus dem Westen wieder in den Osten wandert“, dass also die während Kulturrevolution und Modernisierung besonders bei der Jugend unpopulärer gewordenen asiatischen Religionen (Buddhismus, Taoismus) wieder einen Aufschwung erfahren haben, weil sie durch ihre Popularität im Westen sozusagen „abgesegnet“ worden seien.

Geschenke

Die ungefähr siebenstündige Begegnung endet mit Geschenken. Japan ist das Land der Geschenke. Pauschal haben wir eine Kollektion edler, schön verpackter Schokolade mitgebracht, die wir jeweils als kleines Dankeschön für die uns zuteil gewordene unglaubliche Gastfreundschaft überreichen. Was wie so oft blass ausfällt im Vergleich zu dem was wir erhalten. Neben der Zeit, dem wunderbaren Dinner, dem vielen Tee und den guten Gesprächen bekommen wir, als wäre das nicht schon überreichlich, noch ein Zubereitungs- und Servierset samt Teepaket, damit wir mit unseren Freunden in Berlin die faszinierendste Teeerfahrung dieser Reise noch einmal teilen können. Domo arigato gozaimasu, Takada-San.